Der Energie- und Klimaschutztag war zugleich das Auftakttreffen des neuen Klimaschutznetzwerkes, das die Stadt Bensheim koordiniert. Bürgermeister Rolf Richter betonte in seiner Eröffnung, dass die Energiewende und Anpassungen an den Klimawandel nur mit den Bürgern gemeinsam gemeistert werden könne und dass die Stadt Bensheim ihren Beitrag dazu leisten werde, auf diesem Weg die Kräfte zu bündeln. Initiator Adil Oyan, Stadtrat von Bündnis 90/ Die Grünen, Energiebeauftragter Steffen Giegerich und Klimaschutzbeauftragter Steffen Hofmann freuten sich dementsprechend über den regen Zulauf und die vielen guten Anregungen, die die Bürger an diesem Tag mit in die Arbeit des Klimaschutznetzwerkes einbrachten.
Vielfältige Ideen für das Klimaschutznetzwerk
Mit Unterstützung des Bürgerforum Energieland Hessen, einem Landesprogramm des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung wurden Ideenwerkstätten durchgeführt. Das Moderatorenteam des Bürgerforums sammelte an vier Stationen bereits eine Fülle von Anregungen der Bürger ein. Mit dabei Ideen für eine nachhaltige Mobilität wie z.B. Bike- und Carsharing, Karten oder Apps für Ladestationen oder die Öffnung von Fußgängerzonen nachts für Fahrräder. Für die Erneuerbaren Energien wurde z.B. angeregt, einen Energielehrpfad auszuweisen und Multiplikatoren wie Heizungsinstallateuren, Architekten oder Autohäuser aktiv zu schulen. Auch die Idee, mehr innerstädtische Grünflächen zu realisieren, um das Stadtklima zu verbessern, sowie die Vernetzung von Naturgebieten rund um Bensheim fand viele Anhänger im Themenfeld Anpassung und Naturschutz. Tolle Anregungen zum Energiesparen kamen auch aus den verschiedenen Bensheimer Schulen, die „Licht-Aus“ Aktionen oder Klimaschutztage organisieren. Viele begeisterte Jugendliche brachten sich hier ein.
Der Marktplatz Klimaschutz: Regionale Initiativen zeigen Gesicht
An Infoständen im Außenbereich des Naturschutzzentrums stellten sich außerdem Initiativen aus den Bereichen Erneuerbare Energien und Klimaschutz vor. Elektrofahrzeuge, Mini-PV-Anlagen, Holz-Pelletheizungen oder Kunstprojekte: An vielen Aktionsständen konnten sich die Bürger Informationsmaterialien mitnehmen, Experten erläuterten die Technik oder gaben Tipps zum Energiesparen oder diskutierten Maßnahmen zum Naturschutz.
Energiewende in Hessen auf einem guten Weg
Auf der Hauptbühne im Innenraum des Naturschutzzentrums appellierte Hans-Josef Fell, 15 Jahre Mitglied des Bundestages und Autor des Erneuerbare Energien Gesetzes, die Energiewende weiter voranzutreiben und ärgerte sich über Kampagnen, die die Erfolge der Energiewende klein reden würden. Der Präsident der Energy Watch Group spannte dabei den Bogen von den großen globalen Themen wie Klimaerwärmung und der Preisentwicklung der fossilen Brennstoffe bis hin zu kommunalen Beispielen, die regionale Energiekonzepte bereits umgesetzt haben. Dr. Justus Brans vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung verwies auf die sehr breiten Maßnahmenkataloge der Landesregierung. Ziel ist es, bis 2050 den Ausbau der Erneuerbaren Energien für den Endenergieverbrauch auf 100% zu steigern. Einsparpotenziale und Energieeffizienz müssten gestärkt werden und die Entwicklung von Speichertechnologien vorangetrieben werden, betonte Dr. Brans und berichtet von entsprechenden Infokampagnen und Forschungsprojekten. Beide Redner machten Mut, den eingeschlagenen Weg weiter voranzutreiben.
Kinderbotschafter beeindruckten das Publikum
Lena und Linus, die neun- und zehnjährigen Botschafter der Kinderinitiative von Plant-for-the-Planet stellen die beiden versierten Redner aber noch in den Schatten. Sie ernteten für ihren enthusiastischen und sehr klaren Vortrag mehrmals lauten Zwischenapplaus. Die Beiden forderten dazu auf, sich an weltweiten Baumpflanzaktionen zu beteiligen, in denen Kinder selbst in Kinderakademien Vorträge über Klimaschutz halten, andere Kinder für das Thema sensibilisieren, Wissen vermitteln und Sponsoren suchen, die bei Aufforstungsprojekten unterstützen. Im Laufe des Bensheimer Energie- und Klimaschutztages wurden über 1.300 Bäume gespendet. Sollten diese in Bensheim gepflanzt werden, könnte fast ein kleiner Stadtwald daraus werden.
Stadt plant mehr Elektromobilität
Ebenfalls spannend verlief die folgende Podiumsdiskussion. Adil Oyan berichtet von den Plänen, Elektroautos und Elektrofahrräder für die Stadt anzuschaffen und nachhaltige Mobilität durch sechs Solartankstellen und ca. 50 öffentlich zugängliche Ladestationen zu fördern. Projektpartner ist hier die GGEW AG, die gemeinsam mit Partnerunternehmen ein intelligentes Lade-System entwickelt hat, das den Strombezug zählt und es möglich macht, dass die Kosten mit der normalen Stromrechnung beim jeweiligen Energieanbieter abgerechnet werden. Auch zum Thema Energiesparen und Energieeffizienz bietet die Stadt Informationen für Neubauten oder die Altbausanierung. Natürlich sind hierbei die öffentlichen Gebäude mit im Blick.
Vorerst keine Windenergie in Bensheim
Sehr deutlich wurden die Aussagen zur Windenergie, die Moderatorin Dr. Antje Grobe von DIALOG BASIS im Gespräch mit den Podiumsgästen und einer Vielzahl von Publikumsfragen herausarbeitete: Derzeit werden keine Windenergieanlagen in Bensheim geplant. Angelika Buschkühl-Lindermann vom Regierungspräsidium Darmstadt erläuterte die Teilregionalplanung für die Erneuerbaren Energien, die voraussichtlich 2017 abgeschlossen sein wird. Bis dahin müssen ca. 30.000 Einwendungen bearbeitet werden. Am Ende wird eine koordinierte Planung vorliegen, in der eine Vielzahl von Aspekten wie z.B. der Arten- und Naturschutz, Denkmalschutz oder die Flugsicherung berücksichtigt werden. Ziel ist es, diejenigen 2 % der Landesfläche auszuweisen, die mit den wenigsten Eingriffen für Mensch und Umwelt verbunden sind. Diese sollten dann aber auch für die Windenergie genutzt werden, während andere Flächen dann nicht mehr in die Planung aufgenommen werden können. Auch Michel Häußer vom Bundesverband WindEnergie betonte, dass die Energiewende ohne die Windenergie nicht zu schaffen sei.
Solarwette: Der Verlierer brät Spiegeleier und muss Bäume pflanzen
Der Schluss der Podiumsdiskussion wurde dann spontan noch eine Solarwette geschlossen: Angeregt von Erhard Renz, dem „Sonnenflüsterer“, wurde zunächst über Möglichkeiten diskutiert, dezentrale Solarpanele (Mikro Photovoltaik Anlagen) auf privaten Balkonen zu installieren, die auch über Steckdosen in die Haussysteme Strom einspeisen. Überschüssiger Strom, der nicht selbst verbraucht wird, würde dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt. Die GGEW AG beteiligt sich derzeit an einem Pilotprojekt, wie auch hier intelligent gemessen und gesteuert werden kann. Florian Grob, Leiter Erneuerbare Energien bei der GGEW AG, bekam hierfür großes Lob von dem „Solarrebell“. Um seine Idee weiter voran zu treiben, schlug er eine Wette zwischen der Stadt Bensheim und der GGEW AG vor: Wer von beiden schafft es bis zum 2. Energie- und Klimaschutztag im kommenden Jahr in seinen Einzugsbereich mehr dezentrale Mikro Photovoltaik Anlagen aufzustellen und ans Netz zu hängen? Da das Einzugsgebiet der GGEW fast doppelt so viele Haushalte aufweist, wie die Stadt Bensheim, zählen deren Anlagen doppelt. Der Verlierer muss auf dem nächsten Energie- und Klimaschutztag Spiegeleier in einem Solarspiegel braten und 150 Bäume für die Kinderaktion Plant-for-Planet spenden.
Gewinnspiel zum Schluss
Neben dem Marktplatz, der Ideenwerkstatt, den Vorträgen und der Podiumsdiskussion konnten die Bürger noch bei einem Gewinnspiel teilnehmen. Verlost wurden ein Elektrofahrrad (GGEW AG), ein Feldahorn (Sparkasse Bensheim) und eine BahnCard 50 (GGEWnet) sowie weitere 7 Preise. Ein reichhaltiges Angebot an nachhaltigen Speisen und Getränken sowie eine themenspezifische Kinderbetreuung rundeten den Tag ab.