Die Steuerungsmöglichkeiten für eine Kommune sind breit gefächert. Bei Flächeneigentum kann die Kommune geeignete/ausgewiesene Flächen für die Errichtung Erneuerbarer-Energien-Anlagen verpachten. Sie kann aber auch selbst die Projektierung von PV- oder Windenergieanlagen in Angriff nehmen. Bei Anlagen auf eigenen Flächen, aber auch auf dem Eigentum Dritter, ist die Beteiligung am Betrieb der Anlagen eine weitere Möglichkeit, Einnahmen zu erzielen – indem sich die Kommune selbst oder die Bürgerinnen und Bürger privat per Einlage beteiligen. In allen Fällen kann sie durch das Erzeugen von klimafreundlichem Strom lokale Wertschöpfung schaffen.
Mögliche Rollen der Kommune
Um zu entscheiden, wie umfassend die Einbindung der Kommune beim Energieprojekt sein soll, müssen die kommunalen Gremien und die Verwaltung zunächst die mit dem Projekt verbundenen Ziele klären und prüfen, ob die Verwaltung eine koordinierende Rolle übernehmen könnte.
Kommune als Verpächterin
Die Kommune beschränkt sich darauf, ausschließlich ihre Flächen zu verpachten. Dazu muss sie zunächst grundsätzlich beschließen, dass ein Unternehmen – der „Projektentwickler“ oder „Projektierer“ – auf kommunalen Flächen ein Energieprojekt umsetzen soll. Die Kommune kann entscheiden, ob sie den Projektentwickler in einem strukturierten Auswahlverfahren anhand selbst gewählter Kriterien auswählt oder auf einen Projektentwickler zurückgreift, der sich aus eigener Initiative gemeldet hat. Die Gestaltungsspielräume der Kommune sind deutlich größer, wenn sie den ersten Weg geht und ein Auswahlverfahren durchführt.
Mehr zur Auswahl Projektentwickler
Kommune (oder kommunaler Energieversorger) als Betreiberin
Die Kommune verpachtet die eigenen Flächen an einen Projektentwickler und übernimmt nach Fertigstellung den Betrieb des Solar- oder Windparks, anteilig oder vollständig. Dazu erwirbt sie Anteile an der Betriebsgesellschaft oder sie erwirbt den gesamten Park und gründet selbst eine Betriebsgesellschaft. Mit der Umsetzung aller weiteren Schritte der Projektentwicklung, also Planung, Genehmigungsverfahren, Finanzierung und Bau, wird ein Unternehmen beauftragt. Dieses wählt die Kommune nach eigens dazu formulierten Kriterien aus. In der Rolle als Betreiberin ergibt sich für Kommunen eine besondere Steuerungsmöglichkeit, die für spätere Gewerbesteuereinnahmen relevant ist, weil etwa der Weiterverkauf einer Betriebsgesellschaft verhindert werden kann.
Kommune als Projektentwicklerin und Betreiberin
Das größte Engagement einer Kommune ist erforderlich, wenn sie entscheidet, das Projekt selbst zu entwickeln und zu betreiben. Die gesamte Energieprojektentwicklung von der Flächensicherung über Planung, ggf. Genehmigungsverfahren, Finanzierungs- und Bauphase bis zum Betrieb liegt in der Hand der kommunalen Verwaltung. Dieses Vorgehen bietet die größten Wertschöpfungsmöglichkeiten, allerdings bei hohem Aufwand und Risiko. Auch hier holt sich die Kommune in der Regel erfahrene Beratung und Partner mit ins Boot.
Wenn Kommunen selbst projektieren: Windpark-Eigenprojektierung
Das größte Engagement einer Kommune ist erforderlich, wenn sie entscheidet, ein Windenergieprojekt selbst zu entwickeln und den Windpark selbst zu betreiben. Die gesamte Windprojektentwicklung von der Flächensicherung über Planung, Genehmigungsverfahren, Finanzierungs- und Bauphase bis zum Betrieb liegt in der Hand der kommunalen Verwaltung. Dieses Vorgehen bietet die größten Wertschöpfungsmöglichkeiten, allerdings bei hohem Aufwand und Risiko.
Vortrag: Von Anfang an dabei: Eigenprojektierung von Windenergieprojekten durch Kommunen
Experte: Nico Suren, Partnerwind
Kommunen in Windenergieprojekten: Interview mit der Volksbank Mittelhessen
Als Kommune in ein Windenergieprojekt einsteigen? Die Volksbank Mittelhessen zeigt wie es gehen kann. Jan Weimer von der Volksbank Mittelhessen hat viel Erfahrung mit der Einbindung von Kommunen in Windenergieprojekten. Er erzählt davon im Gespräch mit dem Bürgerforum Energiewende Hessen der LEA
Mit Wille und Energie zum Bürgerwindpark im Hünfelder Wald: Interview mit Bürgermeisterin Silvia Scheu-Menzer
Gemeinsam mit ihrem Proejktpartner, der Land+Forst Erneuerbare Energien GmbH, hat die Kommune Hünfelden in Mittelhessen einen eigenen Bürgerwindpark entwickelt. Die Bürgermeisterin Siliva Scheu-Menzer und ihr Projektpartner Frank Heuser berichten in einem Interview von ihren Erfahrungen.
Als Kommune in ein Windenergieprojekt einsteigen? Die Volksbank Mittelhessen zeigt wie es gehen kann
Jan Weimer von der Volksbank Mittelhessen hat viel Erfahrung mit der Einbindung von Kommunen in Windenergieprojekten. Er erzählt davon im Gespräch mit dem Bürgerforum Energiewende Hessen der LEA.
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
Von Anfang an dabei: Eigenprojektierung von Windenergieprojekten durch Kommunen
Nico Suren, Partnerwind, Vortrag im Rahmen des Webinars „Energiewende aktiv – wie Kommunen Windenergieflächen zu ihrem Vorteil nutzen können“ am 2. August 2022
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
Mit Wille und Energie zum Bürgerwindpark im Hünfelder Wald
07.09.2022 Bürgermeisterin Siliva Scheu-Menzer und ihr Projektpartner Frank Heuser von Land+Forst Erneuerbare Energien GmbH im Interview mit dem Bürgerforum Energiewende Hessen der LEA. Sie erzählen von Ihrem langen Weg hin zum Bürgerwindpark und geben Tipps zur erfolgreichen Zusammenarbeit. Für sie ist der Bürgerwindpark eine Erfolgsgeschichte und sie wollen anderen Kommunen Mut zusprechen, selbst aktiv zu werden.
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
Information kompakt
Die Broschüre "Windprojekte in Windvorranggebieten - Steuerung und Beteiligung aus kommunaler Sicht" thematisiert die Entstehung eines Windenergieprojekts in einer Kommune von Ausgangssituation über Flächensteuerung zu Projektentwicklung. Sie gibt Beispiele für das Flächenpooling und zeigt mögliche Rollen für Kommunen auf.
In der Regel umfasst ein solches Gebiet mehrere Grundstücke, oft mit unterschiedlichen Eigentümerinnen und Eigentümern. Je mehr es sind, desto mehr mögliche Projektkonstellationen sind denkbar. Eine Kommune, der daran gelegen ist, dass die vorhandene Fläche sinnvoll beplant wird und dass kein Unfrieden zwischen Flächeneigentümern entsteht, tut gut daran, eine koordinierende Rolle zu übernehmen. Sie kann ein gemeinsames Vorgehen aller Flächeneigentümer und Flächeneigentümerinnen initiieren.
Dazu sollte sich die Kommune zunächst ein Bild von den Eigentumsverhältnissen machen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Handlungsspielräume.
Fairness und Transparenz für die Beteiligten: Flächenpooling
Anstelle von Eigeninteressen und Intransparenz treten beim Flächenpooling gemeinschaftliche
Lösungen. Durch das Bilden einer Pachtgemeinschaft können die Pachtzahlungen fair auf alle Beteiligten aufgeteilt werden. In einem transparenten Verfahren wird Konflikten entgegengetreten. Die genaue Festlegung des Verteilungsmechanismus und des Verteilungsmodells ist Aufgabe des Flächenpooling-Prozesses.
Nutzen des Flächenpoolings
- Kontrolle und Steuerung über künftigen Windpark
- Anzahl Windenergieanlagen, Reduktion von Eingriffen etwa in den Wald & Beteiligung der Bürgerschaft/Gemeinde
- Bewahren von Nachbarschafts- und Dorffrieden
- Alle Flächeneigentümerinnen und -eigentümer sollen an den Pachteinnahmen
beteiligt werden (nicht nur einzelnen Personen) - Reduktion von Ungerechtigkeit und Neid
- Verteilung der Einnahmen aber auch des Risikos der Nichtrealisierung
- Alle Flächeneigentümerinnen und -eigentümer sollen an den Pachteinnahmen
- Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Planung
- Eigentümer und Eigentümerinnen sollen im Verfahren mitgenommen und ihre Interessen berücksichtigt werden
- Alle Beteiligten haben denselben Wissensstand
- Professionelle Begleitung bei Vertragsverhandlungen
- professionelle Beratung gewährleistet, dass die Rechte der Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer gegenüber dem Projektentwickler gewahrt werden
- Stärke der Gruppe
Beispiel für die Verteilung
Die Pacht ist in der Regel von der finalen Nutzung der (Teil-) Fläche abhängig. Denkbar ist eine Aufteilung der Pacht auf zuvor definierte Klassen. Möglich ist dabei zum Beispiel folgende Aufteilung:
• 50 – 80 % der Pacht pro Quadratmeter im Bezugsgebiet
• 10 – 40 % der Pacht pro Quadratmeter für Fundament- und dauerhafte Kranstell-Fläche
• 10 % der Pacht pro Quadratmeter für Abstandsflächen
Vortrag: Das Heft des Handelns in die Hand nehmen – kommunale Steuerungsinstrumente für Windenergieprojekte
Experte: Rolf Pfeifer, endura kommunal
Zusammenarbeit mit HessenForst
In vielen Fällen ist eine Kooperation mit dem Landesforst bei der Windparkplanung möglich, zumindest bei einzelnen Aspekten. HessenForst hat allerdings weniger Spielraum als Kommunen bei den Kriterien für die Projektentwicklerauswahl. Je nach Flächenanteilen und Planungsfortschritt kann es sinnvoll sein, dass die Kommune sich mit HessenForst zur Projektentwickler-Auswahl eng abstimmt. Je geringer die Flächenanteile von HessenForst, umso höher ist der kommunale Einfluss auf die Projektentwickler-Auswahl.
Vortrag: Windenergie im Wald – Vergabe von Staatswaldflächen
Experte: Justus Hillebrecht, HessenForst
Info: Faktenblatt zum Windenergieausbau im hessischen Staatswald
Das Faktenblatt gibt eine Übersicht zu Kriterien bei der Flächenausbietung durch HessenForst und Kooperationsmöglichkeiten mit Gemeinden
Das Heft des Handels in die Hand nehmen – kommunale Steuerungsinstrumente für Windenergieprojekte
Rolf Pfeifer, endura kommunal; Vortrag im Rahmen des Webinars „Energiewende aktiv – wie Kommunen Windenergieflächen zu ihrem Vorteil nutzen können“ am 2. August 2022
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
Fachagentur Windenergie an Land
Unter der Überschrift "Knackpunk Flächen" informiert die Fachagentur Windenergie an Land auf einer Themenseite zu kommunalen Steuerungsmöglichkeiten über Windenergieflächen. Die Aussage: Mithilfe von Flächen können sich Kommunen effektiv lokale Wertschöpfung sichern.
Dort sind weitere Videos zum Thema sowie Handlungsempfehlungen zu Flächenradar und Flächenpoolgemeinschaften veröffentlicht. Die Fachangetur weist außerdem auf die hessischen Infopapiere zu diesem Thema hin (siehe oben).
Bayern
Die Landesagentur für Energie und Klimaschutz (LENK Bayern) hat einen Leitfaden "Kommunales Flächenpooling" erstellt.
Thüringen
Die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH (ThEGA) beantwortet in ihrem Infoblatt die Frage: "Wie gehen Kommunen am besten mit möglichen Windenergie-Projekten um?"
.
Die Rolle der Kommune: Bauleitplanung sorgt für koordinierten Zubau
Im Gegensatz zur Windenergie ist Solarenergie im Außenbereich nicht privilegiert nach §35 BauGB. Freiflächensolaranlagen sind nur innerhalb eines Bebauungsplans zulässig (siehe §30 BauGB). Die Kommune kann Freiflächensolaranlagen über Bebauungspläne ermöglichen, muss dies aber nicht. Sie hat die volle Planungshoheit. Mehr zum Thema Planung und Genehmigung.
In der Regel werden vorhabenbezogene Bebauungspläne aufgestellt, da zumeist Projektierer mit einem konkreten Projektplan an die Kommune herantreten. Dies eröffnet der Kommune Möglichkeiten, mit dem Projektierer bestimmte Gestaltungs- oder Umsetzungsvorgaben zu vereinbaren sowie Planungskosten dem Projektierer in Rechnung zu stellen. Grundsätzlich ist die Kommune gut beraten, wenn sie in Abstimmungsgespräche mit dem Projektierer, mit Flächeneigentümern oder Pächtern, ggf. mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Akteuren aus dem Bereich Naturschutz tritt.
Abwägung
Über den Bebauungsplan können verschiedene Vorgaben zu Art und Umfang der Nutzung der Fläche gemacht werden, wie etwa das Maß der baulichen Nutzung. Damit können zum Beispiel die Höhe der baulichen Anlagen oder die Neigung der Module konkretisiert werden. Darüber hinaus können bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen weitere Festsetzungen erfolgen, zum Beispiel Vorgaben zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft, Vorgaben zur Passierbarkeit der Einzäunung für kleine Säugetiere oder das Verbot von Pestiziden. Mit Hilfe des Bebauungsplans kann die Kommune also eine Vielzahl von Aspekten regeln. Sie sollte aber bei jedem Vorhaben prüfen, welche Art von Festsetzungen im Sinne der Gesamt-Verträglichkeit erforderlich sind.
Information kompakt
In Hessen sind Freiflächensolaranlagen eine unverzichtbare Ergänzung zum PV-Ausbau auf Dächern, Konversionsflächen und versiegelten Flächen. Eine Reihe von Online-Seminaren und daraus entstandenen Kurzinformationen bieten Informationen rund um Freiflächenphotovoltaik in Hessen.
Folgende Kurzinformationen zu Freiflächensolaranlagen in Hessen sind bereits erschienen:
FF-PV Online Seminar 1: Benachteiligte Flächen
Das Online-Seminar gibt praxisorientierte Informationen zur Freiflächensolaranlagenverordnung in Hessen, zur Planung von Projekten aus Sicht eines Projektierers und zur Vorgehensweise bei der Bauleitplanung in einer hessischen Kommune.
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
FF-PV Online Seminar 2: Naturschutz
Im Online-Seminar beleuchten Expertinnen und Experten aus dem Bereich des Umwelt- und Naturschutzes, einer Kommune und eines Projektierers das Thema Freiflächen-PV und Naturschutz aus ihren verschiedenen Perspektiven.
© LEA LandesEnergieAgentur Hessen
Beteiligte und Vertragsmodelle
Bei der Vertragsgestaltung für das Flächenpooling ist der Einzelfall zu beachten, und eine juristische Beratung ist fast immer zu empfehlen. Wenn die Kommune nicht selbst die Projektentwicklerin ist, wird ein Kooperationsvertrag zwischen der Kommune und dem Projektentwickler geschlossen. Zwischen dem Projektentwickler und den Eigentümerinnen und Eigentümern werden in der Regel einzelne Pachtverträge geschlossen. Die Pachtgemeinschaft tritt in eine schuldrechtliche Vereinbarung. Diese Pachtgemeinschaft und die Vertragsgestaltung können von der Kommune koordiniert werden.
Bürgerforum Energiewende Hessen
Christopher Lüning Telefon: +49 611 95017-8678 |
Anna Forke Telefon: +49 611 95017-8419 |
E-Mail: buergerforum@lea-hessen.de
Mainzer Straße 118, 65189 Wiesbaden
www.buergerforum-energiewende-hessen.de